Dokumentation

 

27.09.05

 

Bewohner und Bewohnerinnen aus dem Lager in Bramsche-Hesepe

 

An alle, die es angeht

 

BITTE HILFE

 

Betrifft: Katastrophale Lebensbedingungen im Heseper Lager

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

wir sind Bewohner und Bewohnerinnen des Lagers in Hesepe, und wir schreiben, um unsere katastrophale Lebenssituation als eine Familie ohne Aufenthaltsrecht zu beschreiben.

 

Wir möchten folgende Punkte herausstellen:

 

Jede Familie von zwei bis sechs Personen lebt in einem Raum auf einer Fläche von ungefähr 16 Quadratmetern. Hier müssen unsere Kinder leben, lernen, fernsehen, während die Erwachsenen dort auch essen und schlafen. Das alles, ohne daß es eigene sanitäre Anlagen gibt, so daß auch konservativ eingestellte Frauen gezwungen sind, sich die sanitären Anlagen mit anderen zu teilen …

 

BITTE HILFE

 

Wir kommen in eines der modernsten und zivilisiertesten Länder der Welt, nach DEUTSCHLAND, ein Land, welches immer die Menschenrechte unterstützt hat und in welchem es die meiste Gerechtigkeit der Welt gibt, weil wir Schutz brauchen, aufgrund von Verfolgung wegen unserer politischen Überzeugung, unseres religiösen Glaubens und geschlechtlicher Verfolgung, um humanitären Schutz zu bekommen und bessere Lebensbedingungen für unsere Familien und bessere Bildung für unsere Kinder. Wir kommen nach DEUTSCHLAND, welches bekannt ist als stärkster Verfechter des Asylrechtes vor allen anderen Ländern der Welt, aber unsere Familien waren erstaunt, verzweifelt und frustriert über die Lebensbedingungen im Lager.

 

Unseren Kindern ist es nicht möglich zu lernen bei dem Lärm und den Störungen durch all die Menschen, die in einem Gebäude leben. Sie werden gestört von ihren Eltern, Brüdern und Schwestern, von den Besuchern aus den Nebenräumen, viele von ihnen rauchen. Das vergiftet die Atmosphäre für das Lernen.

 

BITTE HILFE

 

Es gibt hier einige Familien, die kein Geld mehr von der Sozialbehörde erhalten. Eine Familie erhält die Leistungen schon seit acht Monaten nicht mehr und diese Familie besteht aus 10 Personen und dem Familienoberhaupt wird nicht erlaubt, innerhalb des Lagers zu arbeiten.

Was soll dieses Familienoberhaupt tun? …… STEHLEN ………??? ……….. DROGEN VERKAUFEN ……. , um seine Familie mit dem Nötigsten zu versorgen und mit dem, was seine Familie von ihm fordert?

 

BITTE HILFE

 

DIE KATASTROPHE HÄLT AN ……

 

Die größten bekannten Lager der Welt sind GUANTANAMO, ABO GRAIB und HESEPE, aber das Lager in HESEPE ist das einzige, in dem ehrliche und unschuldige Menschen und unschuldige Kinder untergebracht sind. Und die Menschen in den beiden erstgenannten Lagern haben die Hoffnung, eines Tages entlassen zu werden, so wie 500 Gefangene GESTERN aus ABO GRAIB entlassen wurden. Aber wir merken nicht, daß wir irgendeine Hoffnung haben über ein Ende und eine dauerhafte Umverteilung, so wurde uns gesagt.

 

BITTE HILFE

 

DIE KATASTROPHE HÄLT AN ……

 

Andererseits möchte ich herausstellen, wenn eine erwachsene Frau einen Bürger heiratet, wird es von der Ausländerbehörde im Lager abgelehnt, daß sie sich mit ihrem Ehemann außerhalb des Lagers niederlässt, dafür könne keine Genehmigung gegeben werden.

 

DIE KATASTROPHE HÄLT AN …..

 

Wir sind gezwungen, alles zu essen, was auch immer in der Kantine gekocht wird und viele von unseren Kindern essen diese Art der Speisen nicht, die für uns vorgesehen sind. Wir wollen deutlich machen, daß hier einige Kinder sind, die immer mehr abmagern und das liegt an den oben genannten Gründen. Familienväter sind gezwungen in BRAMSCHE im MÜLL zu suchen und alles zu sammeln, was sie im MÜLL der Supermärkte LD und COMBI finden. Zweimal die Woche wird das gemacht, um den Kindern zu ermöglichen, wie andere Menschen zu essen. Oder: wenn ein Kind nachts aufwacht und seine Eltern nach etwas zu essen fragt, dann können die Eltern ihrem Kind nichts geben. Wir können nicht stehlen oder Drogen verkaufen, es ist von allen Religionen und Gesetzen verboten.

 

DIE KATASTROPHE HÄLT AN …..

 

Wir wollen die Geschichte nicht zu lang machen, um euch keine wertvolle Zeit zu stehlen, aber wir sind jederzeit bereit zu einem Treffen, um die Angelegenheiten zu diskutieren.

 

DIE KATASTROPHE HÄLT AN …..

 

Am 24. September waren wir von einer Menschenrechtsorganisation eingeladen worden, an einer Protestdemonstration teilzunehmen, die unsere Forderung nach Existenzrechten, die zurzeit nicht existieren, unterstützt, und wo wir eingeladen waren, über unser Leiden zu berichten. Wir wurden darüber informiert, daß dieser Protest von der Polizei und der Lagerleitung genehmigt war. Wir nahmen friedlich teil. Aber als wir das Lager erreichten, wo die Demonstration wahrscheinlich enden sollte, waren wir überrascht darüber, was uns später geschah. Die Polizei, die eigentlich zu unserem Schutz da gewesen sein sollte, griff uns an und schlug uns, sie nutzte dazu jede Gelegenheit und die größtmögliche Kraft. Es wurden fünf Personen verletzt, ein Arzt schrieb einen Bericht über einen Verletzten, den wir bei Nachfrage zur Verfügung stellen.

 

Wo sind unsere Rechte als Menschen, die Schutz suchen???

 

DIE KATASTROPHE HÄLT AN ……

 

Während der Protestkundgebung wurde jemand von uns vom NDR-Fernesehen für ein paar Sekunden interviewt. Er hatte aber nicht die Chance, wirklich über unser Leiden zu berichten. Später dann waren wir überrascht, als wir von einem Organisator der Protestkundgebung darüber informiert wurden, daß er die Lagerleitung befragt hätte über das Fernsehinterview, und daß diese erzählt hätte, alle Aussagen der Flüchtlinge wären Lügen. Stattdessen würde die Leitung den Menschen im Lager den besten Service bieten. Wir bitten jede Organisation darum, hierhin zu kommen, uns jederzeit zu besuchen, um die Tatsachen zu sehen.

Die Tränen unserer Kinder und Frauen sind bis heute nicht getrocknet.

Zum Schluß wollen wir noch sagen, wir sind Menschen ohne Zukunft und Kinder ohne Rechte.

 

Vielen Dank, daß Sie uns die Gelegenheit gegeben haben, unserem Leiden und unseren Problemen Ausdruck zu verleihen.

 

Unterzeichnet: Familien aus dem Lager Hesepe

 

BITTE HILFE

 

 

 

 

Hesepe, 3. Oktober 2005

An alle, die es angeht

 

Von BewohnerInnen des Lagers Hesepe

 

Betrifft: Mängel der Einrichtung

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Wir sind BewohnerInnen des Lagers Hesepe, wir wollen hiermit unsere Probleme herausstellen, mit denen wir in unserem Lager konfrontiert sind, und das sind folgende:

 

«      es kommt häufig vor, daß Flüchtlinge den Weg zum Zahnarzt selbständig zurücklegen müssen mit ihrem Fahrrad, aber niemand weiß, was passieren kann, wenn jemand eine Betäubung bekommt

 

«      bei jeder Art medizinischer Behandlung wird jedem von uns eine Paracetamoltablette gegeben für alle Arten von Krankheit und Infektionen

 

«      einer Frau, die seit 4 Jahren einen Bandscheibenvorfall hat, wurde vom Arzt gesagt, sie habe nichts

 

«      die meisten der Menschen im Lager haben psychische Probleme

 

«      in Fällen, bei denen chirurgische Eingriffe notwendig sind, werden wir von der Lagerleitung informiert, daß sie es sich nicht leisten kann, solch teure Operationen zu bezahlen

 

«      es wird jetzt kälter, aber die Heizungsanlage funktioniert nicht richtig

 

«      einige Leute haben Unterschriften gesammelt, damit ein Arzt kommt für allgemeine Untersuchungen und Behandlungen

 

«      hier im Lager gibt es Drogendealer, die täglich Drogen innerhalb des Lagers verkaufen. Wo sind hier die Verantwortlichen für das Lager? Sind sie blind oder profitieren sie vom Drogenhandel? Unsere Kinder sind schon ganz vertraut mit den verschiedenen Drogen, die hier im Lager verkauft werden

 

«      die Menschen, die hier im Lager leben, sind verzweifelt und frustriert. Das führte dazu, daß ein Vater seinen Sohn mit einem Messer tödlich (lebensgefährlich?) verletzte und sich selbst anzündete

 

«      Es gibt hier keinen ausreichenden Unterricht für unsere SchülerInnen in der Lagerschule, man sollte annehmen, daß intensive Sprachkurse abgehalten werden. Unsere SchülerInnen gehen zwei Stunden am Tag zur Schule, auf dem Stundenplan steht Sprache, Mathematik, Zeichnen und Sport, all das in diesen zwei Stunden. Nebenbei, der Kindergarten ist kein geeignetes Gebäude für diese Aktivitäten, er ist nicht gut ausgestattet, so wie man es für die Ausstattung annehmen sollte. Auf der anderen Seite werden unsere Kinder nicht in irgendwas unterrichtet, sie spielen nur und sie kommen mit dreckiger Kleidung zurück

 

«      unseren Gästen, Besuch und Verwandten ist es nicht gestattet, hier zu übernachten, selbst wenn sie von weit entfernten Städten kommen, während Drogendealer ihre Freundinnen auf ihren Zimmern treffen, ohne daß das vom Sicherheitspersonal kontrolliert wird oder auch nur registriert wird

 

«      in vielen Fällen einer (Urlaubs???) Erlaubnis wurden unsere Räume und unser persönlicher Besitz von Mitarbeitern der Sozialbehörde kontrolliert

 

«      der Lagerleiter ist der größte Lügner, wenn er Menschenrechtsorganisationen erzählt, daß er die Menschen im Lager mit dem besten Service und der besten Einrichtung versorgt und wenn er eine Führung durchs Lager macht, damit sie sich die Straßen und Bäume ansehen können, aber wenn er nicht die Wohnräume zeigt und nicht die sanitären Anlagen, was sehr schmachvoll für ihn wäre

 

«      Kantine:

þ      das Frühstück reicht nicht aus für die Erwachsenen und auch nicht für die Kinder, es besteht aus einer Portion Marmelade mit nur ein paar Gramm, einer Portion Butter mit nur ein paar Gramm, Käse, irgendeiner Art von Obst und Mortadella, die wir nicht essen können, weil wir Moslems sind, denn nach den Vorschriften der Moslems ist das verboten, nur manchmal zwingen wir uns zu essen oder wir zwingen unsere Kinder, aber sie verstehen nun, daß diese Mortadella nicht unseren Standards entspricht, und sie lehnen es ab, so etwas zu essen

þ      das Abendessen sieht so aus wie das Frühstück

þ      das Mittagessen besteht täglich grundsätzlich aus Kartoffeln, Makkaroni, Reis. Wir essen nicht dieses Fleisch oder Geflügel, das nicht nach unseren religiösen Vorschriften ist

 

«      Zahnpasta, Zahnbürsten, Shampoo und Seife, die wir bekommen, sind das Schlechteste, was Menschen bekommen können und von der billigsten Qualität, die höchstwahrscheinlich für Tiere vor 10 Jahren benutzt wurde

 

«      das Waschen der Kleidung ist einmal in der Woche für jede Familie möglich, es ist nur einmal erlaubt, egal wie viele Mitglieder die Familie hat