Dokumentation des Aufrufs

Wir trauern um Laye-Alama Condé, der vor einem Jahr, am 7. Januar 2005, an einem zwangsweise durchgeführten polizeilichen Brechmitteleinsatz gestorben ist.
Am Samstag, den 7. Januar 2006 findet in Bremen um 12 Uhr an der  Obernstraße / Ecke Ansgarikirchhof eine Demonstration statt, in Gedenken an den Toten.
 
Laye-Alama Condé aus Sierra Leone, der seit Jahren in Bremen lebte, wurde am späten Abend des 26.12.2004 von einen zweiköpfigen zivilen Kommando der Polizei verhaftet und unter Verdacht des Drogenbesitzes in das Polizeirevier Vahr gebracht. Dort wurde er von den beiden Polizisten gewaltsam auf eine metallene Untersuchungsliege gefesselt.
Wie mittlerweile durch ein zweites Gutachten eindeutig belegt ist, starb Condé an den Folgen einer
gewaltsamen Brechmittelvergabe. Er erstickte aufgrund der großen Menge an Wasser, die von Igor Volz, dem Arzt des ärztlichen Beweissicherungsdienstes unter Zwang mittels einer Sonde in seinen Magen gepumpt wurde und die seine Lungen überflutete.
Condé ist in den Räumen der Bremer Polizei grausam gequält und ertränkt worden.
Trotz seiner verzweifelten Versuche, sich gegen das Einführen der Magensonde durch die Nase zu wehren, hatte er gegen die ihn misshandelnde Übermacht keine Chance. Nicht gegen die beiden Polizisten, die ihm den Kopf und den freien Arm festhielten, nicht gegen Igor Volz, der ihm
den Schlauch immer wieder einführte und der das Brechmittel sowie das todbringende Wasser in seinen Körper pumpte und auch nicht gegen die anwesenden Rettungsassistenten, die die Prozedur mit überwachten und einen Holzspachtel aus ihrem Rettungswagen zur Verfügung stellten, der in den Hals von Laye-Alama Condé gesteckt wurde, um ein weiteres Erbrechen auszulösen.
Der hinzu gerufene Notarzt stellte am 27.12.2004 den Hirntod des Mannes fest.
In der folgenden Zeit startete Innensenator Röwekamp eine Lügen- und Hetzkampagne, die an
Unverschämtheit und Zynismus ihresgleichen sucht. Er behauptete mehrmals öffentlich, Laye-Alama Condé habe sich selbst vergiftet. Ohne jemals ein Wort des Bedauerns geäußert zu haben, legitimierte er unverfroren die tödliche Maßnahme: Er halte es für völlig gerechtfertigt, mit »solchen
Mitteln gegen solche Leute vorzugehen«, ein »Schwerstkrimineller« müsse »mit körperlichen Nachteilen rechnen«. Zu einem Zeitpunkt, an dem Condé hirntot ist, erklärte er, Laye-Alama Condé befinde sich auf dem Wege der Besserung und verlautbart gleichzeitig: »Wenn er stirbt, hat es nichts
mit der Verabreichung von Brechmitteln zu tun. «
Röwekamps offensichtliche Lügen und seine menschenverachtende Haltung haben seiner Karriere keinen Abbruch getan - im Gegenteil: Als neuer Aufsteiger der Bremer CDU ist er mittlerweile Stellvertretender Bürgermeister von Bremen.
Laye-Alama Condés Tod liegt in der Verantwortung konkreter Personen. Verantwortlich für seinen Tod ist aber auch eine rassistische und menschenverachtende Politik, die solche Tötungen billigend in Kauf nimmt. So ist Condés Tod das Resultat einer heuchlerischen Drogen-Verbotspolitik, die die gesetzliche Grundlage für die Brechmitteleinsätze liefert. Die Praxis der Brechmittelvergabe kann als
gezielte rassistische Verfolgungs- und Foltermethode bezeichnet werden, denn sie richtet sich nahezu ausschließlich gegen Schwarze.
In der rassistischen Zuschreibung werden Schwarze schlechthin als Dealer wahrgenommen: Drogen handelnde Dealer gelten als äußere Bedrohung einer ansonsten harmonischen (deutschen) Gemeinschaft - und da Nicht-Deutsche und insbesondere afrikanische Männer ebenfalls als fremde
Bedrohung von außen imaginiert werden, werden in der rassistischen Sicht Schwarze mit Drogenhandel gleichgesetzt. Hier verbindet sich rassistische Bilderproduktion mit repressiver Drogenverbotspolitik.
Drogen als »Bedrohung von außen« und Dealer als die großen Verführer zu sehen, geht jedoch völlig an der Realität vorbei. Tatsache ist, daß Drogengebrauch für eine sehr hohe Zahl von Menschen ein recht alltägliches Verlangen ist - aus welchen Gründen auch immer. Insofern ist der Drogen-Markt in vielerlei Hinsicht ein Markt wie andere im Kapitalismus auch. Realität ist, daß illegalisierte Drogen faktisch zum Leben von Millionen von Menschen dazu gehören.
DrogengebraucherInnen sind überall. Die offene Straßenszene z.B. am Sielwalleck in Bremen
ist nur ein winziger, aber eben sehr sichtbarer Teil des großen Kreises der Drogenkonsumierenden. Nicht die Drogen oder gar die KleindealerInnen sind das Problem, sondern die menschenverachtende Drogen-Verbotspolitik, an der überall festgehalten wird und deren vermeintlicher Erfolg trotz aller das Gegenteil beweisenden Fakten immer wieder erneut herbeigelogen wird.
Diese Politik, die auf Kriminalisierung und gezielte Verelendung setzt, gefährdet jeden Tag Menschen: Zum einen treibt die Illegalisierung bestimmter Drogen die EndverbraucherInnen-Preise in absurde Höhen und damit viele DrogenbraucherInnen in die ökonomische Misere. Zum anderen wird an die
EndverbraucherInnen unsauberer und vielfach gestreckter Stoff verkauft. Auf diese Weise werden weltweit viele Menschen vergiftet, lebensgefährlich verletzt und auch getötet.
Der Tod von Laye-Alama Condé ist vor allem die tragische und logische Konsequenz einer seit vielen Jahren praktizierten Misshandlungspraxis der Polizei gegenüber mutmaßlichen Kleindealern. Insbesondere schwarze Menschen werden von der Polizei tagtäglich gezielt herausgegriffen. Und dies aus einem einzigen Grund: Weil sie schwarz sind.