Konzept für das autonome Zentrum:

 

1)     Idee für ein autonomes Zentrum

2)      Stichwortartige Einschätzung der derzeitigen gesellschaftlichen Situation

3)      Bestätigung unserer Einschätzung durch die aktuelle Shell-Studie 2002

4)      Ein anderer Ansatz: Die Selbstverwaltung

5)      Was wir für unserer Idee brauchen

6)      Trägerschaft

7)      Finanzierung

   1.      Idee für ein autonomes Zentrum

Ein politisches und kulturelles Zentrum in Selbstverwaltung soll eine positive gesellschaftliche Alternative gegen Rassismus, Sexismus und Rechtsextremismus sein.

 Wir beobachten die gesellschaftliche Entwicklung mittlerweile seit mehreren Jahren – konkret für den Raum Osnabrück seit weit über 10 Jahren – und sind in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Phänomenen, die zu einem Erstarken des Rechtsextremismus führten und führen zu dem Schluss gekommen, dass Ansätze gegen diese Entwicklung weit im Vorfeld der Prävention stattfinden müssen. Diese präventive Arbeit muss vor allem positive Werte vermitteln und das Handeln muss von den Menschen selber ausgehen, denn wir alle gestalten diese Gesellschaft.

 Wir stellen fest, dass die meisten der derzeit bestehenden Konzepte und Projekte gegen Rechtsextremismus vor allem von Reglementierung (Grenzen setzen) und von Repression geleitetet sind. Wir stellen auch fest, dass die meisten dieser Projekte in ihrer Bilanz eher bescheidene Ergebnisse bringen.

 Unsere Idee schlägt einen anderen Weg ein: die Autonomie.

 Wir sind der Überzeugung, dass Selbstbestimmung, und sei sie nur im Freiraum eines Autonomen Zentrums, die Menschen zu bewusst handlungsfähigen Menschen in dieser Gesellschaft macht. Diese Handlungsfähigkeit bedeutet Auseinandersetzung mit Gesellschaft und Politik, Erkennen von Ungerechtigkeiten, Rassismus und Sexismus, aktive Stellungnahme dagegen und Entwicklung von Alternativen.

Dabei ist unsere Auseinandersetzung nicht eine rein intellektuelle, sondern basiert auch auf jahrelanger Erfahrung im Bereich der unabhängigen und selbstbestimmten politischen Arbeit.

 

  1. Stichwortartige Einschätzung der derzeitigen gesellschaftlichen Situation

 

ê        Werte, wie Solidarität und gemeinsames Handeln sind zwar moralisch immer noch hoch angesehen, für die verbreitete Orientierung an individuellen Vorteilen und an Leistung sind sie jedoch nutzlos  ®  erfolgreich ist, wer sich durchsetzt, auch auf Kosten anderer – das ist nicht nur so, dieses „Durchsetzungsvermögen“ wird auch noch als positiv bewertet.

 

ê        Politische Einflussnahme scheint nur noch innerhalb der sog. etablierten Parteien oder innerhalb bestimmter gesellschaftlicher Gremien, die eng an diesen Parteien hängen, möglich, wobei immer deutlicher wird, dass Politik sich weniger an sozialen Werten orientiert, als mehr an wirtschaftlichen.

 

ê        Daraus resultiert eine verbreitete Politikverdrossenheit, die Wahrnehmung vieler Menschen ist die, dass es kaum Möglichkeiten der Mitbestimmung gibt, was auf Dauer dazu führt, dass Mitbestimmung auch nicht mehr gewollt ist, dass die Beschneidung von Freiheitsrechten hingenommen wird und die Menschen individuell ihr Glück suchen. Das bedeutet in dieser Gesellschaft jedoch, über die entsprechenden Finanzen zu verfügen, weswegen immer mehr Menschen an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.

 

ê        Diese Hilflosigkeit wird dadurch verstärkt, dass Politik zunehmend als korrupt wahrgenommen wird, es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein neuer Parteienskandal an die Öffentlichkeit kommt. Konsequenzen für eine wirkliche Veränderung hat die Aufdeckung der Skandale jedoch nicht.

 

ê        Diese gesellschaftliche Situation kann vor allem bei jungen Menschen dazu führen, dass sie sich ganz aus dem politischen Geschehen heraushalten oder dass sie sich autoritären Strukturen zuwenden, die den vermeintlichen Halt geben, der in der individualisierten Gesellschaft fehlt.

 

ê        Das Hinwenden zu faschistischen Strukturen sieht zunächst wie ein  Protest aus. Tatsächlich findet man jedoch die Hauptforderungen nach Ausgrenzung von gesellschaftlich und ökonomisch unliebsamen Menschen (MigrantInnen, Flüchtlinge, Arbeitslose, Obdachlose, usw.), nach einem harten Durchgreifen und mehr Repression gegen die, die angeblich die innere Sicherheit dieses Staates gefährden, auch in der staatlichen Politik wieder. Bei den rechtsextremen Gruppierungen werden diese Forderungen nur auf die Spitze getrieben. Viele Nazis, die gewalttätig auf der Straße agieren fühlen sich inhaltlich im Recht, da sie das in die Tat umsetzen, von dem die Politik nur redet.

 

ê        Auch in Osnabrück und im Osnabrücker Umland stellen wir jetzt seit ca. einem und einem dreiviertel Jahr wieder ein verstärktes Aufkommen rechtsextremer Organisierung fest. Neben dem, dass die rechtsextreme NPD einen verstärkten Zulauf vor allem jüngerer Leute hat, hat sich auch eine sog. freie Kameradschaft gegründet, die eng mit der Partei zusammenarbeitet und in überregionale Organisationsstrukturen eingebunden ist. Diese Gruppierung versucht durch öffentliche Auftritte auf sich aufmerksam zu machen und sie versucht, in bestimmten kulturellen Gruppierungen, die ansprechbar für rechtsextremes Gedankengut sind, für sich zu mobilisieren. Das stellen wir zur Zeit vor allem im Stadion bei den Hooligans des VFL fest.

 

ê        Dass Rechtsextreme im Osnabrücker Umland mit ihrem vermehrten Auftreten durchaus junge Leute in ihre Reihen ziehen können, bestätigte uns die Stadtjugendpflegerin aus Bad Iburg (eine der Hochburgen rechtsextremer Mobilisierung). Sie berichtet, dass immer wieder Jugendliche in den Jugendtreff kommen mit Propagandamaterial der Nazis und sich von den Inhalten angezogen fühlen. Das ist nur ein Beispiel.

 

ê        Wenn junge Leute erst einmal fest in rechtsextreme Organisationen eingebunden sind und im nächsten Schritt ideologisch geschult sind, ist es sehr schwer, sie dort wieder herauszuholen, zumal wenige gesellschaftliche Alternativen geboten werden.

 

ê        Deshalb muss präventiv gearbeitet werden. Diese Idee ist in der Theorie nicht neu. Unser praktischer Ansatz dazu ist die Einrichtung eines autonomen Zentrums

 

   

  1. Bestätigung unserer Einschätzung durch die aktuelle Shell-Jugend-Studie 2002

 

ê             Die Shell-Studie ergab, dass nur 34 Prozent der Befragten sich als politisch interessiert bezeichnen.

 

ê             Gerade einmal 35 Prozent würden ganz sicher an Wahlen teilnehmen.

 

ê             Es dominiert noch immer eine skeptische Haltung gegenüber den Zuzug weiterer AusländerInnen; 56 Prozent in  den neuen Ländern und 46 Prozent in den alten lehnen diesen ab.

 

ê            „Aufstieg statt Ausstieg“ heißt das Motto eines Großteils der Jugend. Ziel der Jugend sei es, „in einer leistungsorientierten Gesellschaft erfolgreich zu sein“ (Jugendforscher Klaus Hurrelmann, Hauptautor der Shell-Studie).

 

ê            Dabei wird auch bei den Jugendlichen die Kluft zwischen denen, die individuell und auf  die eigenen Interessen bezogen ihr Leben einrichten wollen und denen, die diese Chancen gesellschaftlich nicht bekommen und an den Rand gedrängt werden, immer größer.

 

   

  1. Ein anderer Ansatz: die Selbstverwaltung

 

®      das Wichtigste an unserer Idee ist die Autonomie. Unterschiedlichste Möglichkeiten der Selbstorganisation ohne staatlichen Zugriff sind die beste Form präventiver Antifaschismusarbeit

 

®      unser Anspruch ist es, Jugendliche und ältere Menschen in ihrem Verhalten ernst zu nehmen und sie nicht auszugrenzen

 

®       Werte, wie Solidarität, gleichberechtigte Gemeinschaft und Zusammenarbeit stehen im Vordergrund bei der Gestaltung des Zentrums. Entscheidungen sollen nicht von höheren Gremien abgenommen werden

 

®      Die NutzerInnen des Zentrums sollen eine Handlungsfähigkeit erlangen, die sie selbstbewusst und stark macht gegen rassistische, sexistische und faschistische Ansätze

 

®      Die NutzerInnen sollen erfahren, dass es durchaus Möglichkeiten gesellschaftlichen und politischen Eingreifens gibt

 

 

5.                         Was wir für unsere Idee brauchen:

 

ê        Ein Gelände mit einem Haus. Da für Selbstverwaltung „Hilfe zur Selbsthilfe“ grundlegend ist, kann und soll bei diesem Haus möglichst viel in Eigenarbeit gemacht werden.

 

ê        Wir wollen in dem Haus einen Treffpunkt einrichten, der täglich geöffnet sein soll. Das ist sowohl aus den genannten inhaltlichen Gründen wichtig, als auch aus finanziellen. Denn das Zentrum soll sich möglichst aus eigenen Mitteln finanzieren.

 

ê        Für die Verwirklichung unserer Idee brauchen wir folgende Räume:

 

ê      Veranstaltungsraum / Cafe / Kneipe

ê      Büro für das Autonome Zentrum

ê      Infoladen

ê      Gruppenräume (Bedarf haben zur Zeit: FAU,  Antifa,  Avanti, weitere Gruppen haben sich gemeldet. Andere Gruppen, wie das Osnabrücker Bündnis gegen Abschiebung z.B., brauchen zeitweise einen Raum, um sich zu treffen)

ê      Werkstatt / Künstlerraum

ê      Proberäume

ê      Küche

ê      Abstell- und Materialraum

 

Diese Forderung ist nicht absolut, wir gehen davon aus, daß auf dem vorgeschlagenen Gelände das Projekt ausbaufähig ist.

 

 

 

 

7.       Trägerschaft

 

ê        Ein möglicher gemeinnütziger Trägerverein für das autonome Zentrum besteht bereits (Avanti! e.V.). Der Antrag als „Träger der Jugendhilfe“ ist gestellt.

 

ê        Es ist erstrebenswert, dass möglichst viele NutzerInnen Mitglied im Verein werden. Darüber hinaus sollen Mitglieder geworben werden, die die Inhalte unterstützenswert finden.

 

ê        Der Verein Avanti! hat zur Zeit eine bewilligte BSHG-Stelle, die ab September diesen Jahres wieder besetzt ist. Es wird zu prüfen sein, welche Möglichkeiten sich dem Verein in dieser Hinsicht noch bieten.

 

ê        Die genauen Modalitäten, wie wir vertraglich mit der Stadt Osnabrück übereinkommen, müssen noch gemeinsam geklärt werden. Entscheidend ist, dass die Autonomie nicht eingeschränkt wird, das betrifft vor allem die Inhalte. Ansonsten hoffen wir weiterhin auf eine offene und ehrliche Zusammenarbeit

 

 

7.         Finanzierung

 

ê         Zur Verwirklichung des Projektes benötigen wir eine einmalige initiale Finanzierung für die Errichtung der Räumlichkeiten.

 

ê         Auf die benötigten Finanzmittel dafür haben wir wenig Einfluss, da es städtebauliche und ähnliche Vorgaben gibt.

 

ê          Zur Reduzierung der Kosten können wir dahingehend beitragen, dass alles, was möglich ist, in Eigenarbeit gemacht wird. Dieses ist auch Teil des inhaltlichen Konzeptes, der Autonomie

 

ê          Die laufenden Kosten des Projektes streben wir an, selbst zu tragen. Die Arbeit in dem Zentrum wird ehrenamtlich sein.

 

ê         Finanzmittel sollen über Veranstaltungen und Spenden beschafft werden

 

ê        Ein Teil des Mitgliedsbeitrages im Trägerverein soll für die Kosten des Zentrums genutzt werden

 

ê            Für einzelne Projekte innerhalb des Zentrums sollen Gelder bei verschiedenen Fonds beantragt werden

 

 

AZ – Gruppe im September 2002