Kinder aus dem Lager Bramsche-Hesepe beteiligten sich an der Tagung der „National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention“ in Osnabrück

 

Am 19. und 20. November 03 fand in Osnabrück die Tagung der National Coalition zum Stand der Nationalen Aktionspläne und den Möglichkeiten einer europäischen Zusammenarbeit statt.

Nachdem auf diesem Kongress die Situation von Flüchtlingskindern und im Besonderen die Forderung nach Rücknahme der Vorbehaltserklärung in den geplanten Arbeitsgruppen keinen expliziten  Niederschlag fand, gelang des dem Osnabrücker Bündnis gegen Abschiebung nach Gesprächen mit dem Jugendamt, das für die Ausrichtung der Tagung zuständig war, dass eine weitere AG unter dem Titel „Internationale Verpflichtungen“ angeboten wurde.

Parallel zu den Diskussionen der Erwachsenen am ersten Tag des Kongresses fand ein Beteiligungsprojekt der Stadt Osnabrück für Kinder und Jugendliche statt, in dem unter 18jährige in Workshops zu den gleichen Themen wie die Erwachsenen ihre eigene Forderungen erarbeiteten. Die Ergebnisse der Workshops gingen am folgenden Tag in die AG´s der Erwachsenen ein.

Wir fragten Kinder und Jugendliche, die in Bramsche-Hesepe untergebracht sind, ob sie sich an dem Workshop beteiligen wollen, um vor einem Fachgremium ihre Situation schildern zu können. Nachdem sie dieses bejahten, begannen wir in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, die Beteiligung zu ermöglichen und zu organisieren. Dazu war dann allerdings ein gewisses Maß der Einbeziehung der Lagerleitung, speziell der Sozialverwaltung notwendig. Nachdem dieser klar war, dass eine Beteiligung der Kinder durchaus von den Organisatoren des Kongresses gewünscht war, versuchten sie, die Organisierung in ihre Hände zu bekommen. Wir hatten von Beginn an den Verdacht, dass sie durch ihre Einmischung konkret Einfluss darauf nehmen wollten, wer sich an dem Kongress beteiligen darf. Dieser Verdacht bestätigte sich leider im weiteren Vorgehen der Sozialbehörde. Sie hielten den Kindern lange die Einladung zu der Tagung vor, angeblich, weil noch nicht alles geklärt sei.

Dankenswerterweise erklärten sich die beiden ModeratorInnen des Workshops „Internationale Verpflichtungen“ bereit, in der Woche vor dem Kongress noch einmal mit uns zusammen die Kinder und Familien zu besuchen, zum Kennenlernen und zur Vorbereitung, was auf dem Kongress stattfinden soll. Die Einladung zu diesem Treffen sollte über die Sozialbehörde ausgesprochen werden. Und schon diese Einladung kam bei einigen Jugendlichen (unbegleiteten Minderjährigen) nicht an, obwohl diese längst auf der Anmeldeliste standen. Auf dem Treffen, bei dem auch Mitarbeiterinnen der Sozialbehörde beteiligt waren, berichteten diese, dass das Lager nicht genügend Fahrzeuge zur Verfügung hätte, um alle Kinder nach Osnabrück zu bringen. Zuvor hatten sie versichert, dass sie sich um den Transport kümmern würden. Auch hier sprang des Jugendamt der Stadt Osnabrück ein und stellte einen weiteren Bus zur Verfügung.

Und dennoch schaffte es die Sozialbehörde, dass die Beteiligung von drei Jugendlichen an dem Kongress verhindert wurde. Einer von ihnen war draußen bei den Bussen, in denen noch ausreichend Platz war, und wurde am Einsteigen gehindert, mit der Bemerkung, er hätte keinen Termin in Osnabrück.

Für die anderen Kinder war der Workshop ein außerordentliches Erlebnis. Zusammen mit Kindern und Jugendlichen aus Osnabrück konnten sie einen Tag lang ihre Probleme beraten. Besonders beeindruckend war, dass alle Kinder neben den drängenden alltäglichen Problemen, die der Aufenthalt im Lager mit sich bringt, auch in Lage waren, Fluchtursachen zu benennen und zu kritisieren und auch das politische Handeln der Bundesrepublik. Das gilt sowohl für die Kinder aus dem Lager als auch die Kinder aus Osnabrück.

Abends wurden die Ergebnisse der Workshops der Kinder in einer Kunsthalle dem erwachsenen Fachpublikum präsentiert. In jedem Workshop wurden dazu zwei Kinder delegiert. Der Workshop „Internationale Verpflichtungen“ wählte zwei Kinder aus dem Lager. So reisten abends zur Präsentation wieder die beiden Mitarbeiterinnen der Sozialbehörde mit den Kindern an. Auch das wollten sie nicht aus der Hand geben. Und noch einmal versuchten sie zu verhindern, dass die Kinder zu Wort kommen. Denn kurz bevor die Delegierten der Workshops ihre Ergebnisse präsentieren sollten, hieß es auf einmal, es sei zu spät für die Kinder, sie müssten am nächsten Tag zur Schule, und überhaupt sei die Arbeitszeit der Sozialbetreuerinnen schon längst überschritten. Unser Angebot, dass wir die Kinder zurückbringen, wollten sie nicht annehmen. Erst nach einigen Diskussionen, die auch zum Oberbürgermeister und zum Jugendamtsleiter durchdrangen, mussten die Betreuerinnen einen Rückzieher machen, so dass die Kinder doch noch die Möglichkeit der Präsentation bekamen.

Der Workshop der Kinder hatte neben den Vorgaben für die Erwachsenen ein weiteres konkretes Ergebnis. Die Gruppe erarbeitete einen offenen Brief an den Ministerpräsidenten C. Wulff, der demnächst öffentlich von den Kindern übergeben wird. Hier schildern die Kinder die Problematik der Lagerunterbringung und stellen die daraus resultierenden Forderungen auf.

Auch bei den Workshops der Erwachsenen hat die Arbeit der Kinder einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Bei der Abschlussdiskussion wurde die Problematik noch einmal deutlich erwähnt und festgestellt, dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Für unsere politische Arbeit war es außerordentlich wichtig, hier den Kindern ein Sprachrohr geboten zu haben. Wir hoffen, dass den Forderungen konkrete Taten folgen.