Naziaufmarsch in Osnabrück

 

Die rechtsextreme NPD hat für Samstag den 28. Februar 04 einen Aufmarsch in Osnabrück angekündigt als „Nationale Kampagnendemonstration“ unter dem Titel: „Heimreise statt Einwanderung, denn deutsche Kinder braucht das Land“. Angekündigte Redner: Adolf Dammann, Martin Gotthard, Stephan Pfingsten, Ulrich Eigenfeld, Thomas Wulff. 

Ulrich Eigenfeld ist der Generalsekretär und Landesvorsitzende der NPD. Für ihn ist die „Kampagne“, wie die NPD ihre Reihe von Aufmärschen in verschiedenen Städten nennt, ein Beitrag der NPD-Niedersachsens, verstärkter auf der Straße wahrnehmbar zu werden. Die Ideologie der Kampagne ist so einfach wie dumm und zielt darauf, bestehende Vorurteile aufzugreifen, um die rassistische Ideologie der Nazis zu transportieren. Die Parolen, die daraus resultieren lauten: Menschen deutscher Nationalität sollen mehr Kinder kriegen – zurück an Heim und Herd und: „Ausländer raus“, weil angeblich die deutsche Kultur zerstört wird. Die NPD benutzt diese ihre alten Naziparolen, weil sie hofft, mit diesen vorgeblich „einfachen“ Antworten Wählerstimmen zu bekommen. Denn nicht zuletzt ist die NPD zur Zeit dabei für die verschiedenen Wahlen, die in diesem Jahr anstehen, mobil zu machen.

Martin Gotthard und Stephan Pfingsten, weitere angekündigte Redner, gehören dem NPD-Kreisverband Göttingen an.

Thomas Wulff ist einer der selbsternannten „Führer“ der sog. „Freien Kameradschaften“ Norddeutschlands.

Die NPD arbeitet nun schon seit über 10 Jahren mit Kameradschaften zusammen, die Redner auf den von der Partei angemeldeten Aufmärschen stellen und in eigenen Blöcken mitmarschieren. Gemeinsam bezeichnen sich NPD und Kameradschaften als „Nationaler Widerstand“. Nach diesem Muster soll auch der Aufmarsch in Osnabrück stattfinden.

Osnabrück ist für die NPD nicht der erste Veranstaltungsort der „Kampagne“. Es haben schon Aufmärsche unter demselben Motto in Lüneburg und in Braunschweig stattgefunden und nach Osnabrück wird Wilhelmshaven folgen. 

 

Lüneburg

Im Lüneburg hatte sich im Vorfeld des Aufmarsches ein „Netzwerk gegen Rechts“ gebildet, zu dem ca. 80 Gruppen, Verbände, soziale Einrichtungen, Gewerkschaften, Parteien, usw. gehören. Sie riefen zu einer Gegendemonstration auf, zu der 2500 Menschen kamen. Außerdem wurde ein ökumenischer Gottesdienst abgehalten, an dem sich weitere 750 Menschen beteiligten. Und viele Menschen in Lüneburg hängten aus den Häusern Transparente, die sich gegen das Auftreten der Nazis wandten.

Nach Abschluß der Demonstration gegen NPD und „Freie Kameradschaften“ gingen viele Leute Richtung der Route des Aufmarsches der Nazis, mit dem Ziel, diesen zu blockieren, was allerdings nur vereinzelt gelang, da der Naziaufmarsch von 1700 Beamten der Polizei und des Grenzschutzes mit Pferdestaffel, Hunden und Hubschrauber, geschützt wurde. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei wurden mehr als 20 Personen verletzt, mehrere mussten im Krankenhaus behandelt werden und ca. 70 Leute, die gegen die Nazis demonstrierten wurden in Gewahrsam genommen. Der Aufmarsch konnte wegen des hohen Polizeiaufgebotes nicht gestoppt werden, wurde zum Teil aber erheblich behindert. Strategie der Behörden war hier einzig, mit aller Gewalt die Gegendemonstration zurückzudrängen.

 

Braunschweig

In Braunschweig wurde immerhin der Aufmarsch der NPD von der Stadt verboten. Das Oberverwaltungsgericht hob das Verbot auf und erlaubte den Nazis auf einer Route um den inneren City-Ring rund um die Innenstadt mit der Fußgängerzone zu marschieren.

Auch in Braunschweig hatte sich im Vorfeld ein „Bündnis gegen Rechts“ gebildet. Und auch hier protestierten die Kirchen gegen den Aufmarsch. Der evangelische Landesbischof Friedrich Weber bezeichnete die NPD-Parolen gegen „Fremde“ als nicht mit den demokratischen und christlichen Werten vereinbar. Das „Bündnis gegen Rechts“ hatte eine Kundgebung und eine Demonstration angemeldet. Die Demonstration wurde am Tag vor dem Naziaufmarsch verboten, weil sie auf der Route der Nazis lag.

Trotz des Verbotes gingen viele Menschen nach Abschluß der Kundgebung gegen Rechtsextremismus los und bildeten eine Demo gegen den Naziaufmarsch. Diese wurde dann von der Polizei gestoppt, konnte aber nach Verhandlungen weiter gehen, so daß die Route der Nazis in die Innenstadt blockiert wurde. Die antifaschistische Demonstration wurde daraufhin von der Polizei eingekesselt. Die Polizei leitete dann auch den Aufmarsch der Nazis um, der allerdings nur mit erheblicher Verspätung losgehen konnte, zum einen, weil fast ein Drittel der Teilnehmer vorher in dem  Zug, mit dem sie anreisten, die Notbremse gezogen hatte, dummerweise saßen neben den 40 Nazis auch ca. 100 Antifas in demselben Zug, und außerdem kam es zu Verzögerungen, weil die Polizei genau die Einhaltung der Auflagen bei den Nazis prüfte, die da waren: keine Springerstiefel, Bomberjacken und ähnliches. Der verspätete Aufmarsch musste dann gestoppt werden, weil es mehreren hundert Leuten gelang, die neue Route der Nazis zu blockieren und die Polizei sich nicht in der Lage sah, die Route frei zu kriegen und „erhebliche Konfrontationen“ befürchtete. Die NPD selber wertete den Aufmarsch als Erfolg, allein aus dem Grund, weil sie aufmarschiert waren.

 

Osnabrück

Der Naziaufmarsch in Osnabrück ist nun schon längere Zeit angemeldet. Geplant war der Platz vor dem Rathaus für eine Kundgebung. Nach Auskunft der Polizei wurden 300 Teilnehmer und eine Demonstration mit Abschlusskundgebung angemeldet. Die Ordnungsbehörden werden zu gegebener Zeit Gespräche mit den Anmeldern des NPD-Aufmarsches führen. Auf verschiedenen Internetseiten werben die Nazis für den Aufmarsch und geben als Treffpunkt den Hauptbahnhof an.

Im Bündnis gegen den Naziaufmarsch herrschte Einigkeit darüber, daß schon im Vorfeld alles getan werden muß, um den Aufmarsch zu verhindern. Dazu werden an möglichst vielen öffentlichen Plätzen der Stadt Kundgebungen gegen Rechts angemeldet. Wie die Aktionen an dem Tag selber genauer aussehen werden, wird auf den nächsten Treffen besprochen werden. Zur Zeit geht es noch darum, möglichst viele Menschen auf den bevorstehenden Auftritt der Nazis hinzuweisen und aufzufordern, sich dagegen zu verhalten.

Wie Stadtrat und Stadtverwaltung sich zu dem Aufmarsch stellen werden, ist zur Zeit noch ungewiß. Immerhin wurde das Datum schon im Verwaltungsausschuß angesprochen.

Es wird auch für die Stadt Osnabrück schwierig sein, den Aufmarsch zu verbieten. Denn nach dem gescheiterten Verbotsverfahren ist die NPD nach wie vor eine legale Partei. Deshalb kommt sie immer wieder vor den Verwaltungsgerichten mit einer Aufhebung des Demonstrationsverbotes durch, mag die Partei noch so verfassungsfeindlich sein.

Dennoch ist ein Verbot von Seiten der Stadt nicht nur eine pragmatische Frage, sondern vor allem eine politische. Deshalb ist es Ziel des Bündnisses, daß sich der Stadtrat – möglichst geschlossen – gegen den Naziaufmarsch ausspricht und auch von Seiten des Stadtrates die Aufforderung kommt, sich gegen die Nazis zu engagieren und daß von Seiten der Behörden ein Demonstrationsverbot gegen die Nazis verhängt wird. Was dieses Vorgehen angeht, bietet die Stadt Leipzig ein gutes Vorbild, hier versuchen die Nazis immer wieder bis zum Völkerschlachtdenkmal aufzumarschieren. An die Spitze der Demonstrationen dagegen stellt sich der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, so daß jedes Mal wieder ganz Leipzig auf den Beinen ist, um die Nazis zu blockieren. Außerdem sind die Auflagen für die Aufmärsche der Nazis jedes Mal so gestaltet, daß es ewig lange dauert, bis sie überhaupt losgehen können oder sie auch gar nicht losgehen können. Es ist also wirklich eine Frage des politischen Willens, etwas gegen die öffentlichen Auftritte von Faschisten zu unternehmen. Die nächste Stadtratssitzung in Osnabrück ist Anfang Februar, und wir sollten darauf hinarbeiten, daß dort entsprechende Diskussionen stattfinden.

So wie der Naziaufmarsch geplant und angekündigt ist, soll er in Osnabrück wohl ähnlich stattfinden, wie in den anderen Städten auch. Die Redner sind übrigens auch in jeder Stadt ungefähr dieselben. Dennoch sollten wir die regionale Naziszene nicht außer Acht lassen, auch wenn der Aufmarsch vom Landesverband der NPD angemeldet wird. In Osnabrück besteht ein Unterbezirk der NPD-Niedersachsen und im Kreis Osnabrück existiert eine Freie Kameradschaft, die sich „Nationaler Widerstand Osnabrücker Land“ nennt. Kader der Kameradschaft übernehmen auch führende Posten innerhalb des Kreisverbandes der NPD und nutzen die Infrastruktur der NPD, die hier immerhin über ein eigenes Parteihaus verfügt. Die Nazis aus dem Kreis werden den Aufmarsch für ihre eigene Mobilisierung nutzen wollen und können sich freuen, damit doch noch mal wieder in die Innenstadt von Osnabrück zu kommen, aus der sie bisher erfolgreich ferngehalten wurden. Hinzu kommt, daß sowohl Kameradschaft als auch NPD gut mit den organisierten Nazis des Münsterlandes vernetzt sind, so daß erwartet werden kann, daß in Osnabrück die Mobilisierung für den Aufmarsch über die Landesgrenze hinaus bis nach Nordrhein-Westfalen hinein stattfinden wird. Schon im Dezember haben die NPD-Kreisverbände Steinfurt und Münster beschlossen, sowohl den Aufmarsch als auch die Mobilisierung im Vorfeld zu unterstützen.

Die Nazis im Kreis Osnabrück erhoffen sich durch den Aufmarsch eine Werbewirkung für ihre eigenen Organisationen, was auch nicht ganz unwahrscheinlich ist, ähnliches ist auch nach dem Aufmarsch gegen die sog. Wehrmachtsausstellung im Jahr 1998 passiert, erst danach konnte sich überhaupt im Kreis Osnabrück eine Kameradschaft bilden.

Es gibt viele Gründe dafür, den Aufmarsch der Nazis zu verhindern, und keinen dafür, ihn stattfinden zu lassen. Nur wenn wir es immer wieder schaffen, Faschisten wirklich keinen Fußbreit zu geben, haben sie nicht die Möglichkeit, ihre Propaganda zu verkünden.