Avanti! e.V. Osnabrück, 27.05.02
Das Haus an der Kokschen Str. 73, das seit dreieinhalb Wochen
besetzt ist, soll geräumt werden. Diese Information wird seit dem letzten
Wochenende gestreut.
Dreieinhalb Wochen haben junge Menschen gezeigt, dass sie mit
viel Energie und Engagement in der Lage waren auch aus einem abbruchreifen Haus
einen Anziehungspunkt zu machen für Menschen, die ihr Leben selbstbestimmt
gestalten wollen. Die äußeren Bedingungen dafür waren die denkbar
schlechtesten: in dem Haus gibt es weder Strom noch Wasser und alles war in
einem fürchterlich verwahrlosten und verdreckten Zustand, als die Besetzung
begann.
Trotzdem wurden sämtliche Ideen, die sich mit einem
autonomen Zentrum verbinden, in dem Haus umgesetzt: Raum zum reden und
diskutieren, die Möglichkeit sich zu verschiedenen politischen Themen zu
informieren, verschiedene kulturelle Aktivitäten, eine tägliche Volxküche für
gemeinsames und erschwingliches Essen. Dazu kam das gemeinsame Aufräumen und
arbeiten am Haus, um zusammen die gesteckten Ziele zu verwirklichen.
Die dreieinhalb Wochen in der Kokschen 73 haben gezeigt, dass
es möglich ist, mit viel eigenem Einsatz und dafür mit wenig Geld das Projekt
eines autonomen Zentrums zu verwirklichen.
Die Argumentation der Mehrheit des Jugendhilfeausschusses dürfte
schwierig werden, wenn sie glauben, auf Dauer damit durchzukommen, das Projekt
aus Geldmangel abzulehnen. Sie werden sich der politischen Argumentation stellen
müssen. Die Forderung nach einem autonomen Zentrum ist nicht die Forderung
einer bestimmten Jugendgruppe in der Stadt, die damit nur für sich ein Haus
haben will, um ihrem Freizeitspaß nachzugehen. Die Idee, die dahinter steht,
ein selbstverwaltetes Projekt in der Stadt aufzubauen, ist die, dass Menschen,
die die Möglichkeit haben, eigene Gedanken und Ziele zu entwickeln und diese
dann gemeinschaftlich umzusetzen, ein gesellschaftliches und politisches
Selbstbewusstsein entwickeln, mit dem sie keinen autoritären Strukturen
hinterher rennen. Nur wer das lernt, wird sich wirklich mit seiner ganzen Kraft
einsetzen gegen Rassismus und jegliche Art von Unterdrückung.
Zur Zeit wird staatliches Geld für viel
zwielichtigere Aktionen ausgegeben. So wurde am letzten Samstag schon wieder ein
hohes Polizeiaufgebot bezahlt, um Nazis der NPD und des sog. „Nationalen
Widerstand Osnabrücker Land“ bei ihren öffentlichen Propagandaaktionen zu
schützen. Und es gibt in Voxtrup nach wie vor ein Jugendprojekt des Osnabrücker
Jugendamtes mit Nazis, das von städtischen SozialarbeiterInnen betreut wird.
Dabei ist jedem aufmerksamen Menschen mittlerweile klar, dass dieses Projekt, an
dem sich die Stadt so festklammert, nur als gescheitert betrachtet werden kann.
Nicht nur, dass sich die Nazibewegung in der Zeit, seit der das Projekt läuft,
vergrößert hat und ihre organisatorischen Strukturen ausgebaut hat, das Ziel
der Verminderung der Naziszene also definitiv als gescheitert betrachtet werden
kann, der Keller wird auch gezielt zur Agitation von Nazis genutzt.
Es gibt eine absolute Schieflage in der Stadt Osnabrück, was
Jugendpolitik angeht. Und diese Schieflage muss behoben werden.
Deshalb bleibt´s dabei:
Autonomes Zentrum für Osnabrück jetzt!!!